Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Gemeinderatskolleginnen und -kollegen, liebe Angehörige der Gemeindeverwaltung, sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger, lieber Herr Schott als Vertreter der Lokalpresse!
Es ist wieder einmal so weit – nach der Haushaltsrede unseres Bürgermeisters in der letzten Gemeinderatssitzung sind heute die Fraktionssprecher gefragt, deren Haushaltsreden Sie jetzt zu hören bekommen.
Als Sprecher der FWI-Fraktion werde ich ein kurzes Résumé des zu verabschiedenden Haushaltes vortragen, aber nicht beginnen mit einem Zitat, wie sonst die meisten Ansprachen, auch Haushaltsreden – nein, Zitate werden Sie später ertragen müssen.
Kurze Zusammenfassung und Beurteilung des Haushaltes und des geplanten Verwaltungshandelns deshalb, weil wir eine neue Haushaltsstruktur und Systematik anwenden müssen, die eine Vergleichbarkeit mit den Haushalten der früheren Jahre nicht oder nur sehr begrenzt ermöglicht. Damit entfällt ein großer Bestandteil früherer Haushaltsreden. Auch die Haushaltsdiskussionen im Gemeinderat hielten sich deshalb diesmal sehr in Grenzen. Da der Haushaltsplan für 2018 mit den früheren Zahlenwerken nicht eins zu eins vergleichbar ist, bringen wir Ihnen, Frau Gemeindekämmerin und Ihnen, Herr Bürgermeister, einen Vertrauensvorschuss entgegen, was schon in den vorherigen Haushaltssitzungen von den Fraktionen betont wurde.
Wir haben anzuwenden das „NKHR“, das „neue kommunale Haushaltsrecht“ nach der Systematik der Doppik, bekannt auch als doppelte Buchführung. Dieses Jahr war der Anfang einer neuen Haushaltszeitrechung in unserer Gemeinde.
Nun könnte man mit Herrmann Hesse sagen „jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, aber wir hoffen, dass dieser Zauber nicht nur Hokus-Pokus ist.
Diese neue Haushaltssystematik nach dem Prinzip der Doppik wurde eingeführt, weil es mehr Klarheit über sämtliche Haushaltsvorgänge verspricht, insbesondere auch Abschreibungen berücksichtigt, Schätzungen des Wertes von kommunalem Eigentum und die entsprechenden Wertverluste, ist also dem erfolgsorientierter Witschaftsunternehmen angepasst. Im Zuge des zunehmenden Neoliberalismus seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts werden damit öffentliche Haushalte passend gemacht für Dinge wie PPP („Private Public Partnership“) oder „Lend and Lease Back“. Einigen von Ihnen ist das Letztere sicher noch erinnerlich, als es um unseren Abwasserverband ging.
Deshalb frage ich mich mit Cicero: „Cui bono?“, auf Deutsch „Wem zum Vorteil?“ – unserem Gemeinwesen oder Privatinvestoren, denen das frühere kameralistische System nicht in ihre Art der Rechnungslegung passte? Nähere Infos zu dieser Thematik kann ich Ihnen bei Interesse gerne ergänzend weitergeben. In das Gesamtbild passt jetzt auch, dass ein verpflichtendes Lobbyregister im Koalitionsvertrag der angestrebten GroKo nicht erscheint.
Die Umstellung von der Kameralistik in die doppische Haushaltsführung wurde den Kommunen zwar „von oben“ übergestülpt, aber wir „da unten“ müssen sie durchführen. Sinn und Unsinn, wirtschaftspolitische Hintergründe usw. können wir zwar diskutieren, aber wir kommen nicht d’rum `rum. Interessant ist, dass der Bundeshaushalt noch nicht auf Doppik umgestellt ist, aber vor dieser Herkulesaufgabe scheut die „große Politik“ anscheinend noch zurück. Sie kämpft lieber um Personalien und Posten. „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt“ (freie Übersetzung des altfranzösischen Mottos auf dem englischen Hosenbandorden: „Honi soit qui mal y pense“).
Mit den meisten Daten des Haushalts werde ich mich aus den oben genannten Gründen nur kurz befassen. Außerdem weiß ich, dass sich in den vorherigen Haushaltssitzungen im Wesentlichen ein mehrheitlicher Grundkonsens des Gemeinderates mit den Vorgaben der Verwaltung dargestellt hat.
Im Einzelnen halten wir die geplanten Personalaufstockungen im Gemeindehaushalt für Erzieher/innen wie auch für den vorgesehenen Gemeindevollzugsdienst für unerlässlich. Für unsere Kinder sollten wir sinnvollen Ausgaben nicht im Wege stehen und auch für das Überwachen der innergemeindlichen Ordnung, sei es der ruhende Verkehr oder auch die Einhaltung von Regeln und Gesetzen in unserer Feldflur, haben wir Freien Wähler uns immer eingesetzt.
An umfangreichen Investitionen im kommenden Jahr stehen unter anderem an: die weitere Sanierung des Gebietes „im Mahler“, der barrierefreie Ausbau des Bahnhaltepunktes Ispringen, Planung und Bau des sechsgruppigen Kindergartens in der Turnstraße, Sanierungsmaßnahmen in der Otto-Riehm-Schule, ein neuer Bolzplatz und die Ausstattung unserer Grundschule mit neuester Medientechnik.
Uns wurde damals die Sanierung des „Mahlers“ als Leuchtturmprojekt vorgestellt – für uns verdient diese Bezeichnung viel eher das Projekt des „Nahwärmenetzes Ispringen“ südlich der Eisenbahn unter Einbeziehung von öffentlichen Gebäuden, Industrie und Privatanliegern. Wir hoffen, dass dieses Projekt weiter ausstrahlt und in unserem Ort wie auch in unserer Nachbarschaft für Nachahmer sorgt.
Hierzu wie auch zum Erwerb von Immobilien, um unter anderem Wohnraum nicht nur für Migranten, sondern auch für wohnungslose Ispringen Bürger vorzuhalten, gab es bisher mehrheitlich Zustimmung aus dem Gemeinderat, zu der auch wir beigetragen haben. Aber auch die Schaffung neuen Wohnraums ist unseres Erachtens dringend erforderlich. Bürgermeister Zeilmeier hat immer wieder betont, dass ihm die innerörtliche wie auch die Außenentwicklung der Gemeinde, sprich die Möglichkeit, Neubaugebiete zu entwickeln, gleich wichtig seien. Wir glauben, dass es sehr schwierig und zeitaufwändig sein wird, innerorts zusammenhängende sanierungsfähige Komplexe zu finden, wo sich bezahlbarer Wohnraum für Familien erstellen lässt. Es besteht aber bei jungen Ispringer Bürgern, aber auch bei auswärtigen Mitarbeitern hiesiger Firmen eine erhebliche Nachfrage nach Wohneigentum, seien es Eigentumswohnungen, Einfamilien- oder Reihenhäuser, die sich im bebauten Bereich schwer erstellen lassen.
Deshalb plädieren wir Freien Wähler für die behutsame Erschließung und Nutzung der im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Flächen, ggf. auch für die Ausweisung noch nicht in Betracht gezogener Flächen als Baugebiete. Es kann doch nicht sein, dass im Flächennutzungsplan ausgewiesene mögliche Baugebiete durch Vernachlässigung der bisherigen gärtnerischen Nutzung plötzlich zum Biotop ernannt werden (über die Bezeichnung Biotop ließe sich trefflich streiten, aber nicht hier und heute). Als Totschlagsargument gegen Bebauung taugt das Wort Biotop für uns generell nicht, denn auch vom Menschen geschaffene Landschaftsbestandteile, wie z.B. Stadtlandschaften, werden durchaus als Biotop bezeichnet.
Was von BM Zeilmeier als soziales Projekt in der Ortsmitte auf einem großen gemeindeeigenen Grundstück mit verschiedenen Optionen wie betreutem Wohnen, Demenz-WG, barrierefreien Arztpraxen, vielleicht noch mit einem Café-Treff, evtl. auch noch eine Boule-Bahn (meine persönliche Phantasie) als zukünftiges, wir würden sagen „Highlight“, angedeutet wurde, wäre für uns eine weitere Aufwertung unseres Ortes im Sinne des Mottos „Ispringen für Alle“. Es bleibt zu klären, ob nicht die Gemeinde Erschließungs- und Baumaßnahmen sowie die Immobilien-bewirtschaftung durch einen Eigenbetrieb, wie auch immer der heißen sollte, durchführen lassen könnte.
Falls Sie jetzt von mir jeweils von den einzelnen Haushaltsposten die Nennung der Euro-Beträge erwarten, dann verweise ich Sie auf die HH-Rede unseres Bürgermeisters - ich will Sie nicht ermüden, indem ich sie Ihnen nochmals vortrage.
Was unsere Erträge im Haushalt, früher Einnahmen genannt, betrifft, so sind sie wie jedes Jahr spekulativ, nicht im negativen Sinne, sondern abhängig von vielen Unwägbarkeiten, als da sind die Gewerbesteuer, die Gemeindeanteile der Einkommen- und Umsatzsteuer, die Zuweisungen vom Land etc.. Relativ sicher ist zur Zeit nur noch die Höhe der Grundsteuereinnahmen, und die machen mit 631 000 € nur ca. 5 % der Erträge im Gemeindehaushalt aus. Hierzu soll ja in dieser Legislaturperiode eine andere, gerechtere Methodik bundesweit eingeführt werden, aber dieses Thema ist mindestens seit 2010 Aufgabe verschiedener Arbeitsgruppen, deren Ergebnisse abzuwarten bleiben.
Was den Haushalt der Gemeinde Ispringen betrifft, könnte man ja auf gut kölsch den dritten Satz des rheinischen Grundgesetzes zitieren: „Et hätt noch emmer joot jejange“ – übersetzt: „es ist bisher noch immer gut gegangen“.
Von alleine läuft das nicht. Es gehört zu einer guten Haushaltplanung und Haushaltspolitik immer eine kluge, vorausschauende Beschäftigung mit den Gegebenheiten unseres Ortes, den Bedürfnissen seiner Bürger, außerdem eine intensive Kommunikation innerhalb und außerhalb des Rathauses. Aus unserer Sicht funktioniert das zur Zeit und auch auf weitere Sicht.
Der Haushaltsplan liegt uns jetzt in seiner Endfassung vor – wir Gemeinderäte der Freien Wähler Ispringen geben dem Antrag der Verwaltung mit unserer Zustimmung statt. Falls aber für – aus unserer Sicht – sinnvolle Maßnahmen außerplanmäßige Ausgaben erforderlich würden, wird sich die Fraktion der Freien Wähler nicht verweigern.
Anhand des vorliegenden Planwerkes schätzen wir Ihre Arbeit, Herr Bürgermeister und Frau Gemeindekämmerin, sowie die Arbeit Ihrer Verwaltung hoch ein. Sie haben im Team das Finanzwesen unserer Gemeinde an das NKHR, also die doppische Buchführung angepasst. Dies war mehr als „business as usual“. Dafür danken wir Ihnen allen.
Dr. Wolfgang Ballarin, Ispringen